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Volley Düdingen - News

01Apr

Ein Cup-Final, zwei Gewinner

01 Apr, 2016 | FrontPage, Cupfinal 2016, NLA 1516 | View Counts (4856) |

Ein Cup-Final, zwei Gewinner

Alles andere als ein Triumph von Volero Zürich im morgigen Schweizer Cup-Final (13.30 Uhr, St. Leonhard) gegen den TS Volley Düdingen wäre eine veritable Überraschung. Sportlich droht den Power Cats zwar eine Niederlage, abseits des Spielfelds gehören sie dennoch zu den Siegerinnen.

Michel Spicher, Freiburger-Nachrichten

Als Swiss Volley im März 2014 verkündete, dass der Schweizer Cup-Final künftig wieder in Freiburg ausgetragen werde, war die Freude in der Saanestadt gross. Die Aussicht auf spektakuläres Spitzenvolleyball im St. Leonhard und auf ein grosses Sportfest liess die Herzen der Freiburger Volleyball-Freunde höher schlagen. Wenn sich jetzt noch ein Freiburger Team für das Endspiel qualifizieren würde, dann wäre es eine perfekte Sache, war man sich einig. Allerdings hielt es seinerzeit kaum jemand für realistisch, dass dies geschehen könnte.

Volero, wer sonst?

Doch der TS Volley Düdingen hat sämtliche Zweifler eines Besseren belehrt. Mit einem sensationellen Halbfinalsieg gegen Köniz qualifizierte sich das Team von Nicki Neubauer letztes Jahr überraschend für den Cup-Final. Und auch bei der Ausgabe 2016 des grössten Events im Indoor- Volleyball sind die Power Cats wieder dabei. «Die erste Finalqualifikation war ein emotionales Highlight», erinnert sich Neubauer. «Unsere Freude war überschwänglich, weil wir uns in einem spannenden Halbfinal in extremis qualifiziert hatten. Aus sportlicher Sicht ist der diesjährige Final aber noch höher einzuschätzen. Es zeigt, dass unser letztjähriger Erfolg kein Zufall war. In den letzten Jahren ist es mit Ausnahme von Volero nur NUC gelungen, zweimal in Folge in den Final einzuziehen.»

Der Finalgegner von Düdingen heisst wie im Vorjahr–wenig überraschend–Volero Zürich. Volero, das sind ganz viele Volleyballerinnen von Weltklasseformat. Seit über 140 Spielen haben die Zürcherinnen gegen kein anderes Schweizer Team mehr verloren, und sie sind bei allen zehn Cup-Endspielen als Sieger vom Platz gegangen. Ihre grossen Stärken: die physische Überlegenheit und die Routine. Auf fast jeder Position verfügt das Team über einen hohen Block, und dank der Erfahrung und dem Niveau der Champions-League-erprobten Ausländerinnen spielt Volero sehr stabil und konstant. Die Zürcherinnen hatten zwar letzte Woche das Viertelfinal-Out in der Champions League zu verkraften, doch wer um europäische Meriten kämpfen kann, hat in der Schweiz keinen Gegner zu fürchten. Alles andere als ein weiterer Triumph im Arbeitsalltag der Zürcher Profis würde einer veritablen Sensation gleichkommen.

«Spannung hochhalten»

Im letztjährigen Final war Düdingen chancenlos geblieben. Auch morgen ist es der krasse Aussenseiter. Daran ändert selbst die Tatsache nichts, dass die Power Cats heuer über eine stärkere Equipe verfügen als im Vorjahr. «Wir werden versuchen, einige Dinge besser zu machen», gibt sich Neubauer kämpferisch. In erster Linie will der Trainer das Offensivspiel seines Teams anders gestalten. «Wir wollen versuchen, azyklischer zu spielen und so für einige Überraschungsmomente im Side-Out-Spiel zu sorgen. Dazu müssen wir aber von unseren eigentlichen Stärken wegkommen und unsere eingespielten Abläufe durchbrechen. Das wird nicht leicht.» Neubauer will zudem sein Spielsystem vermehrt auf die Schweizer Spielerinnen von Volero ausrichten. «Spielerinnen wie Laura Unternährer und Inès Granvorka gehören zum Besten, was die Schweiz zu bieten hat. Die beiden haben in dieser Saison aber auch schon das eine oder andere weniger gute Spiel eingezogen. Sollten sie und Volero schlechte fünf Minuten einziehen, müssen wir bereit sein, dies auszunutzen. Das bedingt, dass wir unsere Spannung über die ganze Partie hochhalten können.»

«Wir haben bereits gewonnen»

Beim letztjährigen Cup- Final war eine der beiden Tribünen des ausverkauften St. Leonhard, das mit 2750 Zuschauern aus allen Nähten platzte, in Schwarz-Weiss getaucht. Mit T-Shirts und Ballonen in den Kantonsfarben sorgten die Düdinger Fans für Gänsehautstimmung auf den Rängen. Auch morgen werden die Power Cats dafür sorgen, dass es rund um den Final ein grosses Fest gibt und die Halle wieder in Düdinger Hand sein wird.

Keine alltägliche Situation für die Power Cats: Anders als Volero, das sich Auftritte vor grossem Publikum gewohnt ist, wird die gewaltige Kulisse bei den (jungen) Düdinger Volleyballerinnen Eindruck hinterlassen. «Bei uns kommt bei diesem Finalspiel eine emotionale Note hinzu», sagt Nicki Neubauer. «Zwar sind schon einige Spielerinnen in so grossen Hallen angetreten, und auch beim Super-Cup Anfang September konnten wir erleben, wie es sich anfühlt, in einer Halle dieser Dimension zu spielen. Die Anspannung wird vor dem Final trotzdem gross sein. Das muss aber nicht unbedingt schlecht sein. Eine positive Nervosität sorgt dafür, dass die Spielerinnen ganz anders und viel konzentrierter in die Partie steigen.»

Rund 400 Tickets hat der Verein von Swiss Volley erhalten und an seine Anhänger verkauft. Am Ticketverkauf verdient der Klub zwar einige Franken, die Teilnahme am Cup-Final ist für ihn dennoch ein Verlustgeschäft. Die Prämien sind bescheiden: Der Cup-Sieger erhält 4000 Franken, der Finalverlierer 2000. Zu wenig, um die diversen Unkosten des Klubs, zu denen auch die Spielerinnen-Prämien gehören, zu decken. «Das macht nichts», sagt Christian Marbach, Präsident des TS Volley Düdingen. «Der ganze Klub wird ein tolles Volleyballfest erleben. Es ist eine Art Dankeschön an all die vielen Helfer, die unseren Verein das ganze Jahr hindurch tatkräftig unterstützen. Zudem kann sich der TS Volley Düdingen der ganzen Volley-Schweiz präsentieren und sein Renommee weiter verbessern. Mit dem Einzug in den Final haben wir bereits gewonnen.»

Mit viel Talent und noch mehr Willen

Dass Chantale Riddle morgen mit dem TS Volley Düdingen zum Cup-Final gegen Volero Zürich antreten kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Die 24-jährige Amerikanerin hatte auf ihrem Weg zur Profispielerin einige Schicksalsschläge zu verkraften und Hindernisse zu überwinden.

Beeindruckende 457 Punkte (383 Angriffe, 26 Services, 48 Blocks) hat Chantale Riddle im Verlauf der NLA-Meisterschaft für den TS Volley Düdingen gesammelt. In der nationalen Topskorer-Wertung belegt die Amerikanerin damit den ersten Platz, noch vor der letztjährigen Siegerin Nicole Koolhaas (Franches-Montagnes, 444 Punkte). «Diese Auszeichnung ehrt mich natürlich, schliesslich ist es meine Aufgabe, für das Team möglichst viele Punkte zu machen», sagt die 24-Jährige. «Allerdings kann ich nur deshalb so fleissig punkten, weil mich meine Mitspielerinnen mit präzisen Pässen versorgen. Dafür bin ich sehr dankbar. Sie haben mindestens so grossen Anteil am Gewinn dieser Auszeichnung.»

Bescheiden und dankbar

Bescheidenheit und Dankbarkeit, das sind zwei Werte, die Chantale Riddle seit jeher durchs Leben begleiten. 1991 in Roswell im Südosten des US-Bundesstaats New Mexico geboren, wächst sie bei ihrer alleinerziehenden Mutter Laura und den Grosseltern Larry und Shirley Williams auf. Letztere leitet eine lokale Freizeitanlage, wo Riddle mit diversen Sportarten in Kontakt kommt. «Ich spielte Basketball, Fussball, Volleyball, machte Leichtathletik und war Cheerleaderin», erinnert sich die Amerikanerin. «Eigentlich wollte ich Basketballprofi werden, doch dafür war ich etwas zu schmächtig.» So bleibt sie bis zu ihrer Zeit an der Roswell High polysportiv: Mit den Coyotes gewinnt sie die Highschool-Meisterschaft, mit dem Basketballteam wird sie Vizemeisterin und im Weitsprung stellt sie einen Landesrekord auf.

Im Jahr 2009 wird Jeff Nelson, der Volleyball-Coach der University New Mexico, bei einem Vorbereitungsspiel auf Chantale Riddle aufmerksam. Er ist beeindruckt von ihrer Sprungkraft und will sie in sein Volleyballteam holen.

Ein Geduldsspiel

Die schulischen Leistungen reichen allerdings nicht aus für eine Aufnahme an der Uni. Also drückt Riddle nochmals die Schulbank und schafft es 2010 an die Hochschule. Bei Uniteam Los Lobos darf sie allerdings noch nicht mitspielen, dafür müssen ihre Noten noch besser werden. Riddle bleibt beharrlich. Bei ihr wird eine Lernschwierigkeit festgestellt, sie erhält fortan Stützunterricht, dieser zieht sich oftmals bis in die frühen Morgenstunden hin. Mit Fleiss, Ausdauer und eisernem Willen schafft sie schliesslich, wovon sie immer geträumt hat: Im Frühling 2011–mehr als zwei Jahre nach ihrem letzten Volleyballspiel an der Highschool–gibt sie bei den Lobos ihr Debüt. «Das erste Jahr an der Uni war sehr hart, aber wichtig für mich», erinnert sich Riddle. «Ich habe gelernt, was es braucht, um erfolgreich zu sein.» 2014 schafft sie ihren Abschluss in Soziologie–eine Premiere in der Familie Riddle. «Ich bin dankbar für alle jene Menschen, die an mich geglaubt haben.»

2012, 2013 und 2014 wird Chantale Riddle für ihre Leistungen mit den Lobos mit der Nomination ins All-American-Team ausgezeichnet–eine Ehre, die jährlich nur rund 30 Spielerinnen zuteilwird und die vorher noch keine Spielerin der Lobos erhalten hat.

Riddles Glück ist allerdings nur flüchtig. Als sie sich von ihrem Freund trennen will, wird dieser gewalttätig. Und im Januar 2015–drei Wochen nachdem sie nach Finnland geflogen ist, um ihre Karriere als Profivolleyballerin zu lancieren–verliert ihre Mutter den Kampf gegen den Hirntumor. «Das war eine schwierige Zeit für mich», blickt Chantale Riddle nachdenklich zurück. «Das Volleyball hat mir damals die Kraft gegen, alles durchzustehen.»

Dem Lockruf widerstanden

Auf diese Saison hin wechselte die athletische Linkshänderin zum TS Volley Düdingen. «Ich brauchte eine Luftveränderung, wollte etwas Neues in einer besseren Liga als in Finnland probieren. Kristen Hahn (sie war letztes Jahr als Libera in Düdingen engagiert, Red.) wusste mir nur Gutes von Düdingen zu berichten.»

Mit ihren starken Auftritten im Dress der Power Cats hat sich Chantale Riddle in dieser Saison in die Notizbücher zahlreicher Coaches gespielt. Entsprechend stark wurde sie in den letzten Wochen auch von renommierten Vereinen stark umworben. Die Amerikanerin hat aber allen finanziell lukrativen Lockrufen aus dem In- und Ausland widerstanden. «Mein Ziel ist es, eines Tages bei einem grossen Verein zu spielen, vielleicht sogar in der Champions League antreten zu dürfen. Für einen solchen Klub bin ich aber noch nicht bereit», sagt die 24-jährige Angreiferin selbstkritisch. «In der Defense, beim Service, beim Blockspiel, eigentlich überall habe ich noch Verbesserungspotenzial. In Düdingen habe ich ein perfektes Umfeld, das es mir erlaubt, weiter Fortschritte zu machen.»

Vorerst tritt Riddle morgen mit den Power Cats im Final des Schweizer Cup gegen Volero Zürich an. «Wir sind krasse Aussenseiterinnen und haben eigentlich keine Chance. David hat Goliath aber auch besiegt, man muss nur daran glauben.» Mit möglichst vielen Punkten will Chantale Riddle mithelfen, das Unmögliche möglich zu machen.

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